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Organisationsreglement des Verwaltungsrats: Senkung des Haftungsrisikos durch klar geregelte Delegation

Einleitung

Die Festlegung der Organisation einer Aktiengesellschaft gehört zu den unübertragbaren Kernaufgaben des Verwaltungsrats. Auch in KMU und Startups ist es essenziell, Zuständigkeiten, Kompetenzen, Entscheidungswege und Kontrollen klar zu ordnen. Im Obligationenrecht und den meisten Statuten ist die Möglichkeit des Verwaltungsrats verankert, die Geschäftsführung an einzelne Mitglieder oder Dritte zu übertragen. Die in Gesetz und Statuten gebräuchliche  „kann-Vorschrift“ ist keine Einladung zum formlosen Pragmatismus, sondern der Startpunkt für rechtssichere Delegation: Sobald operative Aufgaben ganz oder teilweise übertragen werden, braucht es ein Organisationsreglement, das Inhalt und Grenzen dieser Delegation präzise bestimmt.

Inhaltsverzeichnis

  1. Verantwortung des Verwaltungsrats für die Organisation
  2. Rechtliche Pflicht zum Erlass eines Organisationsreglements
  3. Haftungsrisiken bei fehlendem oder ungenügendem Organisationsreglement
  4. Governance-Nutzen eines gelebten Organisationsreglements
  5. Bedeutung für Investoren und Due Diligence
  6. Fazit und wie Konsento unterstützt

1. Verantwortung des Verwaltungsrats für die Organisation

Der Verwaltungsrat hat die Oberleitung der Gesellschaft inne und ist gesetzlich verpflichtet, die Organisation angemessen auszugestalten (Art. 716a OR). Er legt Rollen, Kompetenzen, Berichterstattung und Kontrollen so fest, dass die Gesellschaft zweckmässig, gesetzeskonform und risikobewusst geführt wird. Diese Verantwortung bleibt beim Verwaltungsrat, auch wenn er einzelne Aufgaben an Ausschüsse, einzelne Mitglieder oder Dritte überträgt. Er muss sicherstellen, dass die delegierten Stellen die nötigen Mittel erhalten, regelmässig berichten und dass der Verwaltungsrat seine Oberaufsicht tatsächlich wahrnimmt.

2. Rechtliche Pflicht zum Erlass eines Organisationsreglements

Die statutarische Ermächtigung („kann delegieren“) eröffnet die Möglichkeit zur Delegation, ersetzt aber nicht deren formelle Ausgestaltung. Überträgt der Verwaltungsrat operative Geschäftsführungsaufgaben – sei es umfassend oder nur einzelne Teilaufgaben wie Finanzen, Personal oder Compliance –, ist ein schriftliches Organisationsreglement erforderlich (Art. 716b OR). Dieses Reglement beschreibt mindestens die Organisationsstruktur der Geschäftsführung, die Aufgaben- und Kompetenzabgrenzung, die Zeichnungs- und Vertretungsregeln sowie Art, Frequenz und Inhalte der Berichterstattung an den Verwaltungsrat. Ohne ein solches Reglement gilt die Delegation als unbefugt, und die Geschäftsführung verbleibt rechtlich beim Gesamtverwaltungsrat. Das Reglement ist kein einmaliges Musterformular; es muss zur Gesellschaft passen, vom Verwaltungsrat beschlossen und regelmässig überprüft sowie bei Bedarf angepasst werden.

3. Haftungsrisiken bei fehlendem oder ungenügendem Organisationsreglement

Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit unterscheidet scharf zwischen wirksamer und unwirksamer Delegation. Ist die Delegation wirksam, reduziert sich die Haftung der nicht operativ tätigen Verwaltungsräte auf sorgfältige Auswahl, Instruktion und Überwachung der Delegierten (Art. 754 OR in Verbindung mit Art. 717 OR). Ist die Delegation dagegen mangels Organisationsreglement oder wegen eines untauglichen, nicht gelebten Reglements unwirksam, verbleibt die volle Geschäftsführungsverantwortung beim Gesamtverwaltungsrat. In einem Schadenfall kann sich dann kein Verwaltungsratsmitglied auf eine haftungsbeschränkende Delegation berufen. Die fehlende oder fehlerhafte Regelung stellt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht dar (Art. 717 OR), weil der Verwaltungsrat seiner Pflicht zur angemessenen Organisation (Art. 716a OR) nicht nachgekommen ist. Zwar liegt in der Regel kein Organisationsmangel im Sinne eines fehlenden Organs vor, doch die Verantwortungsrisiken sind erheblich; Entscheidungen der faktischen Geschäftsleitung lassen sich dem gesamten Verwaltungsrat zurechnen, und Versicherer sowie Gerichte prüfen kritisch, ob formelle Delegationsvoraussetzungen und gelebte Aufsicht vorhanden waren.

4. Governance-Nutzen eines gelebten Organisationsreglements

Ein gutes Organisationsreglement schafft Klarheit über Zuständigkeiten, Entscheidquoren und Genehmigungsvorbehalte. Es ordnet Informationsflüsse und Reportingzyklen, sodass der Verwaltungsrat seine Oberaufsicht substanzhaltig ausüben kann. Es sorgt dafür, dass Interessenkonflikte sauber behandelt werden, dass Vertretungs- und Zeichnungsregeln praktikabel und kontrollierbar sind und dass Sitzungen und Beschlüsse konsistent protokolliert werden. In der Praxis wirkt ein gelebtes Reglement wie ein Betriebssystem für die Führung: Es verhindert Kompetenzkonflikte, reduziert Reibungsverluste und erhöht die Reaktionsfähigkeit in Krisen, etwa durch vordefinierte Eskalations- und Krisenmechanismen oder die Zulässigkeit von virtuellen Sitzungen. Gerade in wachsenden Startups, in denen Verantwortung und Prozesse sich dynamisch verändern, bietet ein regelmässig aktualisiertes Reglement Stabilität, ohne die notwendige Agilität zu ersticken.

5. Bedeutung für Investoren und Due Diligence

Professionelle Investorinnen und Investoren prüfen im Rahmen der Due Diligence nicht nur Produkte, Markt und Finanzen, sondern auch die Corporate Governance. Ein nachvollziehbares, aktuelles und gelebtes Organisationsreglement signalisiert Reife, Transparenz und Kontrollfähigkeit. Es zeigt, dass der Verwaltungsrat seine unübertragbaren Aufgaben ernst nimmt (Art. 716a OR), dass Delegation rechtssicher aufgesetzt ist (Art. 716b OR) und dass Informations- und Entscheidungswege funktionieren. Fehlt ein solches Reglement, entstehen Rückfragen, Verzögerungen und häufig die Auflage, das Reglement vor Abschluss einer Finanzierung zu erlassen oder zu aktualisieren. Ein belastbares Organisationsreglement erleichtert deshalb die Kapitalbeschaffung und reduziert wahrgenommene Risiken.

6. Fazit und wie Konsento unterstützt

Der Verwaltungsrat muss die Organisation der Gesellschaft festlegen und dafür sorgen, dass sie mit Geschäftsmodell, Risiken und Struktur der Gesellschaft Schritt hält (Art. 716a OR). Sobald Aufgaben – auch nur teilweise – delegiert werden, braucht es ein Organisationsreglement, das die Delegation rechtlich wirksam macht (Art. 716b OR) und die Aufsicht des Verwaltungsrats sichert. Nur dann greift die haftungsrechtliche Entlastung auf Auswahl, Instruktion und Überwachung der Delegierten (Art. 754 OR i.V.m. Art. 717 OR). Unklare oder nur gelebte, aber nicht schriftlich geregelte Zuständigkeiten erhöhen die Haftungsrisiken für sämtliche Verwaltungsratsmitglieder und schwächen die Governance. Für Investoren ist das Organisationsreglement ein sichtbarer Beleg für Professionalität und Verantwortungsbewusstsein.

Konsento unterstützt Verwaltungsräte bei der praktischen Umsetzung: Mit Konsento lassen sich Organisationsreglemente erstellen und laufend pflegen, damit Delegation, Aufsicht und Berichterstattung zuverlässig ineinandergreifen.

Das Modul für Verwaltungsratssitzungen stellt darüber hinaus vorformulierte Traktanden bereit und protokolliert Sitzungen automatisch. Dazu gehört ausdrücklich ein Traktandum zum Erlass oder zur Aktualisierung des Organisationsreglements sowie weitere Punkte, die den Verwaltungsrat bei der rechtssicheren Wahrnehmung seiner Pflichten unterstützen. Beschlüsse können online als Zirkularbeschluss gefasst werden, sodass notwendige Entscheide zeitnah und sauber dokumentiert sind.

Kontaktiere uns jetzt, um Dein Organisationsreglement zu erstellen und dessen Pflege im Sitzungsrhythmus deines Verwaltungsrats zu verankern, um wirksame Delegation, klare Aufsicht und überzeugende Governance sicherzustellen.

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FAQ

Häufig gestellte Fragen

Produkt

Was ist in der Dienstleistung von Konsento zum Erstellen des Organisationsreglements des Verwaltungsrats alles enthalten?

Du erhältst von Konsento ein auf Deine Organisation zugeschnittenes Organisationsreglement, der zu dessen Einführung erforderlichen Beschluss des Verwaltungsrates als elektronischen Zirkulationsbeschluss, das dazu gehörende Protokoll und deren Ablage im online-Archiv von Konsento.

Rechtliches

Wann sollte der Verwaltungsrat einer Schweizer AG ein Organisationsreglement einführen?

Sobald der Verwaltungsrat irgendwelche operativen Aufgaben – auch nur Teilaufgaben – an VR-Mitglieder oder Dritte delegiert. Dann ist ein schriftliches Reglement nach Art. 716b OR zwingend. Führt der VR alles selbst, ist es nicht zwingend, aber als Best Practice zur geordneten Organisation nach Art. 716a OR sehr zu empfehlen.

Rechtliches

Wie wird das Reglement erlassen und was muss es enthalten?

Der Erlass liegt in der Kompetenz des VR (Art. 716a OR); es braucht keine GV und keine Beurkundung. Der Beschluss kann in einer VR-Sitzung oder als Zirkularbeschluss erfolgen. Das Reglement muss Organisation, Aufgaben/Kompetenzen und Berichterstattung regeln (Art. 716b OR) und soll schriftlich dokumentiert sowie regelmässig aktualisiert werden.

Rechtliches

Was passiert ohne Organisationsreglement bei Delegation?

Ohne Reglement bleibt die volle Geschäftsführungsverantwortung beim Gesamt-VR, und die Mitglieder haften auch für Fehler der delegierten Person (Art. 717, 754 OR). Mit gültigem Reglement kann der VR seine Haftung auf Auswahl, Instruktion und Überwachung der Delegierten beschränken.

Glossar

Organisationsreglement (Art. 716b OR)

Schriftliche, vom Verwaltungsrat beschlossene Ordnung, welche die Geschäftsführung strukturiert (Stellen/Funktionen), Aufgaben und Kompetenzen verteilt, Vertretungs-/Zeichnungsregeln festlegt und die Berichterstattung an den Verwaltungsrat regelt. Es ist Voraussetzung für eine wirksame Delegation operativer Aufgaben an VR-Mitglieder oder Dritte.

Glossar

Delegation der Geschäftsführung / befugte Delegation (Art. 716b OR i.V.m. Statuten)

Übertragung einzelner oder sämtlicher operativer Aufgaben vom Verwaltungsrat an VR-Mitglieder oder Dritte auf Basis einer statutarischen Delegationsklausel und eines schriftlichen Organisationsreglements. Rechtsfolge: Die Gesamtverantwortung bleibt beim VR, seine Haftung konzentriert sich aber auf Auswahl, Instruktion und Überwachung der Delegierten.

Glossar

Verantwortlichkeit des Verwaltungsrats (Art. 754 OR; Bezug zu Art. 716a/717 OR)

Zivilrechtliche Haftung der VR-Mitglieder (und weiterer Leitungsorgane) für Schäden aus absichtlicher oder fahrlässiger Pflichtverletzung, insbesondere bei mangelhafter Organisation (Art. 716a OR) oder Verletzung der Sorgfalts- und Treuepflicht (Art. 717 OR). Ohne wirksame Delegation haftet der Gesamt-VR auch für Fehler delegierter Personen. Mit wirksamer Delegation reduziert sich die Haftung auf Auswahl, Instruktion und Überwachung.

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